Steuer sparen

Steuertipps – Steuervereinfachung

27. Oktober 2010

„Steuervereinfachung ist gar nicht so einfach…“

Zu dieser unerfreulichen Erkenntnis kommen Journalisten und Bürger schon seit längerer Zeit, dennoch versuchen Politiker und Steuer-Experten natürlich – dankenswerterweise – immer wieder, das Thema Steuervereinfachung aufzugreifen, leider nicht in jedem Fall mit dem glücklichsten Händchen, man denke nur an den „Bierdeckel“ von Friedrich Merz oder die Schwierigkeiten, in welche die Wirtschafts-Koryphäe Paul Kirchhof von Opposition und Medien gebracht wurde. Eine wirklich interessante Fragestellung kommt darüber hinaus jedoch auch in der aktuellen – vor allem von der Regierungspartei FDP angestoßenen – Steuervereinfachungsdiskussion etwas zu kurz: Warum ist das heutige Steuersystem in der Bundesrepublik so immens kompliziert, dass es heute für Unternehmen – aber auch für Privatleute – nur mit der Hilfe einer Vielzahl von Experten, also den Steuerberatern, zu bewältigen ist? Hierzu muss der interessierte Leser den Blick zurück werfen bis in die Zeit kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg. Dabei stellt man – sicher sehr erstaunt fest – dass diesbezüglich die grundlegende steuerliche Situation in den ehemaligen Besatzungszonen bis heute das deutsche Steuersystem prägt, und zwar fundamental!

Wirklich erstaunlich: Die steuerliche Situation der ehemaligen Besatzungszonen lebt bis heute fort

Diese Altlasten – insbesondere der britischen und amerikanischen Besatzungszonen – leben, natürlich in stark abgeschwächter Form, also bis heute fort und sind somit tatsächlich die Grundlage für eine Vielzahl von komplizierten steuerlichen Ausnahmen, die auch heute noch gelten. In den ersten Aufbaujahren verordneten die Alliierten kraft ihrer Besatzungshoheit Straf-Steuersätze bis zu einer Höhe von circa 90 Prozent. Keine Frage also, dass die deutschen Steuerbürger gegen diese immense Steuerbelastung protestierten und darüber hinaus bald darauf mit beträchtlichem Erfolg Ausnahmetatbestände und diverse Möglichkeiten des Steuerabzuges durchsetzten. Das System von Regel und Ausnahme war geboren. An sich ist an diesem grundlegenden Prinzip hier auch erst einmal nichts Bedenkliches, alle in Deutschland geltenden Gesetze sind – analog zum BGB – nämlich genau nach diesem Regel-Ausnahme-Prinzip aufgebaut.

Regel und Ausnahme – ein eigentlich bewährtes System hat fatale steuerliche Auswirkungen

In der Steuerpolitik führte diese Prinzip leider allerdings dazu, dass sich über die Jahre zahllose Ausnahmen ansammelten, die von Lobbygruppen aller Couleur eingebracht wurden: Von den Arbeitgebern und Unternehmern, den Immobilieneigentümern aber natürlich auch von den Arbeitnehmerverbänden und Gewerkschaften. Auf diese Weise entstand über die Jahrzehnte – man kann es guten Gewissens nicht anders bezeichnen – ein „wucherndes“ System von steuerlichen Subventionen und Vergünstigen für beinahe alle denkbaren Interessenverbände. Das diese Gemenge aus Pendlerpauschale, Eigenheimzulage, Grunderwerbsteuer, Riester-Modellen, steuerfreien Zuschlägen, Solidaritätszuschlag und darüber hinaus vielen anderen Ausnahmen sowohl keine Steuergerechtigkeit schafft als auch – noch viel schlimmer! – der Schwarzarbeit und folglich auch der Steuerflucht ins Ausland Vorschub leistet, liegt mittlerweile klar auf der Hand. Was aber kann die Regierung unternehmen, um diesbezüglich zu einem gerechteren Steuersystem zurück zu kommen? Und vor allem, stehen dann auch noch genügend Steuermittel für die Finanzierung der Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen zur Verfügung?

Wie kann – möglichst aufkommensneutral – wieder mehr Steuergerechtigkeit hergestellt werden?

Fest steht jedoch: Mit globalen Steuersenkungen allein oder aber mit der Abschaffung aller Ausnahmetatbestände auf einen Schlag ist es ganz sicher erstmal nicht getan. Der Schlüssel für mehr Steuergerechtigkeit liegt hier in der durchdachten Kombination dieser beiden drastischen Maßnahmen. Nur die Ausnahmen – sowohl für juristische als auch für natürliche Personen – zu streichen ist politisch definitiv nicht durchsetzbar, Steuersenkungen ohne flankierende Maßnahmen hätten – trotz des brummenden Aufschwungs – untragbare Einnahmeverluste für die öffentliche Hand zur Folge. Die Lösung aus diesem Dilemma könnte sein: Ein gut vorbereites und medial geschickt lanciertes Gesamtkonzept, dass jede Maßnahme einzig und allein nach der Maßgabe der Steuergerechtigkeit abprüft und den Steuerbürgern der BRD überzeugend kommuniziert, dass – trotz weggefallener Subventionen und Steuererleichterungen – die tatsächlich Steuerbelastung nicht höher wird, sondern gleich bleibt, im Idealfall sogar leicht sinkt, und damit der Wirtschaft und dem Binnenkonsum diesbezüglich mehr Schwung verleiht. Gegen diese flächendeckende Rodung des Steuerdschungels dürften dann ernsthaft wohl „nur“ noch zwei – allerdings einigermaßen einflussreiche Lobbygruppen – lautstark protestieren: Die Steuerberater und Bilanzbuchhalter einerseits und die Fachanwälte für Steuerrecht andererseits. Dies dürfte eine durchaus lösbare Aufgabe für eine handlungsfähige Regierung sein und kann – natürlich nur bei sehr bei geschickter Strategie – auch der zustimmungspflichtigen Oppositionsmehrheit im Bundesrat sicher erfolgreich kommuniziert werden. Wenn man den allfälligen Umfragen glauben darf, würde eine solche „Radikallösung“ auch bei den Steuerbürgern selbst auf Zustimmung stoßen.

 

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