Steueridentifikationsnummer – der Weg zum gläsernen Bürger?
Vor drei Jahren beschloss die damalige Bundesregierung mit großer Mehrheit die Überwachung beziehungsweise Vorabdatenspeicherung für Telefonate. Es diene dem Schutz vor Terroristen, hieß es damals in der Begründung. Doch unweigerlich kommt das Gefühl einer Überwachung, einer nicht Respektierung der Intimsphäre auf. Der gläserne Bürger ist zu einem Statusbegriff in Deutschland geworden, der immer mit der voranschreitenden Datenüberwachung und Speicherung assoziiert wird. Dabei galt der gläserne Bürger, dessen Begriff erstmalig in den 1920ern auftauchte und vom Deutschen Hygiene Museum in Dresden eine Form erhielt, als reines medizinisches Objekt. Nun aber ist der gläserne Bürger immer mehr Grund für immer mehr Klagen. So auch bei der Steueridentifikationsnummer, die erstmalig 2008 vergeben wurde.
Diese kleine unscheinbare elfstellige Nummer bekommt jeder, ganz gleich ob schon Steuerzahler oder eben nicht. Objektiv betrachtet sind somit 82 Millionen Menschen in Deutschland für das Finanzamt eine Nummer. Die Steueridentifikationsnummer gilt ein Leben lang und darüber hinaus – genauer gesagt 20 Jahre nach dem Tod. Allerdings kann mit ihr nichts in Verbindung des Steuerzahlers gebracht werden. Kein Trost für viele Klagende. Denn gespeichert werden Daten wie Telefonnummer, Geburt, Geschlecht und auch der Sterbetag wird festgehalten. Und hier setzt die Frage an, führt das zum gläsernen Bürger?
Damit musste sich nun auch das Finanzgericht Köln in einem Musterprozess auseinandersetzen. Denn insgesamt 170 Bürger klagten gegen die Steueridentifikationsnummer, die eben nach Ansicht der Klagenden zu einem gläsernen Bürger führen. Jedoch nur sieben Präzedenzfälle wurden zu gelassen und eine Entscheidung gab es ebenso wenig, da die Klagen abgewiesen wurden. Nur eine Revision schaffte es beim Gericht in München dennoch zugelassen werden. Das bedeutet nicht nur, dass die Klagen nicht zum Bundesverfassungsgericht vordringen, sondern dass es keine Änderung – zumindestens kurzfristig – geben wird.
Dabei sehen die Klagenden das natürlich vollkommen anders. Nicht nur der gläserne Bürger würde mit der Steueridentifikationsnummer gefestigt werden, sondern gleichzeitig wird die Grundlage der Selbstbestimmung entzogen, so die Meinung der Klagenden. Das Gericht teilte diese Ansicht jedoch nicht. Denn die Steueridentifikationsnummer lasse ja keine Rückschlüsse auf gespeicherte Daten zu und schließlich diene sie dazu, eine bürokratische Erleichterung sowohl für Steuerzahler wie auch Finanzamt zu schaffen.
Und das ist es – außer bürokratischer Sicht gesehen – zutreffend. Denn mit der Speicherung der Daten können einzelne Ämter besser miteinander kommunizieren und eben Daten austauschen. Das spricht in jedem Fall für sich, auch für den Bürger. Daten werden in der heutigen vernetzten Gesellschaft unausweichlich gespeichert. Meldet man das Auto an, nimmt einen Kredit auf oder eben bei Abgabe der Steuerklärung. Sollte man daher nicht zuerst die Definierung eines gläsernen Bürgers setzen, bevor entschieden wird, wann die Steueridentifikation dahin führt?