Steuerrecht

Basiswissen: „Omnibus-Gesetz“ – Jahressteuergesetz

25. November 2010

Stichwort „Omnibus-Gesetz“ – was steckt eigentlich hinter diesem seltsamen Begriff für das Jahressteuergesetz?

In jedem Jahr, zumeist im Spätherbst – gelegentlich auch einmal erst vor kurz Jahresende –verabschiedet der Deutsche Bundestag in Berlin das so genannte Jahressteuergesetz. Parlamentariern, Experten und Medien-Berichterstattern in Berlin ist dieses alljährliche Gesetzeswerk allerdings meist unter einem – beziehungsweise mehreren – anderen Namen geläufig: „Omnibus-Gesetz“ oder noch etwas despektierlicher: „Lumpensammler“. Was aber verbirgt sich hinter dem Stichwort „Omnibus-Gesetz“, dieses Gesetz wird doch nicht etwa etwas mit der Sonderbesteuerung von Omnibus-Fahrten im Öffentlichen Personennahverkehr zu tun haben? Zum Glück nicht. Der zweite Begriff – „Lumpensammler“ – trifft unserer Meinung nach den Wesensinhalt dieses meist sehr umfangreichen Gesetzeswerkes zum Thema Steuern deutlich besser, denn beim Jahressteuergesetz 2010 – wie auch beim der Jahressteuergesetz 2007, Jahressteuergesetz 2008 und Jahressteuergesetz 2009 – handelt es sich um eine lose Sammlung von steuerlichen Maßnahme in der Gesetzgebung, vor allem aber um Detail-Korrekturen zu bereits komplett verabschiedeten Steuergesetzen aus 2009 und 2010.

Steuergesetze 2009, Steuergesetze 2010 und ihre Aufarbeitung im Jahressteuergesetz 2010

Auch in den Jahren 2009 und 2010 wurden schließlich wieder eine Menge ganz neuer Steuergesetze verabschiedet, von denen viele natürlich nicht zu 100% gerecht, ausgewogen und praktikabel sind. An diesen Punkten setzen dann oftmals die Einzelgesetze und Verordnungen aus dem Jahressteuergesetz an und bemühen sich um den notwendigen Ausgleich. Vor dem eigentlichen Jahressteuergesetz kommt in der Praxis übrigens der so genannte Referentenentwurf. Die Mitarbeiter und Referenten, die über das Jahr am Jahressteuergesetz arbeiten, „denken“ sich dabei selbst keine steuerlichen Neuregelungen und Verbesserungen aus sondern greifen im Wesentlichen die wertvollen, detailreichen und fundierten Anregungen der unterschiedlichsten Stellen auf. Zu diesen Stellen und Personen, die unmittelbaren Einfluss auf die letztendliche Gestaltung des jeweils aktuellen Jahressteuergesetz haben, gehören unter anderem: Einzelne Bundesländer, Finanzbehörden in diesen Bundesländern und auf kommunaler Ebene, Unternehmer und Unternehmen aber auch Privatpersonen. Das Jahressteuergesetz ist also in seiner Essenz ein sehr bürgernahes Gesetz.

Jahressteuergesetz – von der Umsetzung von EG-Richtlinien zur Steuervereinfachung

Ein weiteres wichtiges Thema rund ums das Jahressteuergesetz ist die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben – zum Beispiel von bindenden EG-Richtlinien. Rund um diese Bezeichnung gab es, vor allem in früheren Zeiten immer wieder Missverständnisse: Obwohl diese Rechtsakte von der Europäischen Union (=EU) verabschiedet wurden und werden, trugen sie über Jahre die offiziellen Bezeichnungen EG-Richtlinie beziehungsweise EWG-Richtlinie. „EG“ steht dabei für Europäische Gemeinschaft und „EWG“ für Europäische Wirtschaftsgemeinschaft“, den Vorläufer der EG. Seit dem Vertrag von Lissabon aus dem Jahre 2009 sind eigentlich beide Bezeichnungen veraltet, werden allerdings in Fachkreisen noch gerne weiter verwendet. Wer sich als europarechtlich interessierter Steuerbürger hier nicht aufs sprichwörtliche „Glatteis“ begeben möchte, dem legen wir die neuen Bezeichnungen Richtlinien (EU) oder Direktiven (EU) ans Herz. In der Praxis der Gesetzgebung in Deutschland ist eine umfassende und eben auch durchdachte Umsetzung dieser immer wichtiger werdenden europäischen Vorgaben eine sehr komplexe Materie, die des Öfteren Überarbeitungen der in Deutschland verabschiedeten Gesetzestexte im Jahressteuergesetz nach sich zieht. Nicht zuletzt soll durch das Jahressteuergesetz das in Deutschland geltende Steuerrecht auch gerechter und einfacher gemacht werden. Auf den ersten Blick erscheint es natürlich paradox, dass ein umfangreiches und quasi „zusammengestückeltes“ Gesetzeswerk wie das Jahressteuergesetz hier einen substantiellen Beitrag leisten soll. Den großen Wurf zur Steuervereinfachung kann es natürlich nicht leisten. Immerhin bringt es aber alljährlich einen sehr wertvollen Abgleich zwischen steuerlicher Theorie (Gesetzgebung) und steuerlicher Praxis bei Bürgern, Unternehmen und Finanzbehörden.

 

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