Steuertipps

Steuertipps gewerblich: Unternehmensnachfolge in steuerlicher Hinsicht

10. November 2010

Die Unternehmensnachfolge ist seit einigen Jahren ein kontinuierlich und heiß diskutiertes Thema – vor allem im Hinblick auf inhabergeführte und familiengeführte Unternehmen des Handwerks und des Mittelstandes in Deutschland. Eine Unternehmensnachfolge ist dabei ein sehr vielschichtiges Gebilde, welches neben emotionalen Herausforderungen (für den Unternehmer) auch eine Vielzahl von rechtlichen – und insbesondere steuerrechtlichen – Fragestellungen auf die Tagesordnung setzt. Fachleute unterscheiden bei der Unternehmensnachfolge zwischen zwei generellen Prinzipien, der Veräußerung einerseits und der Schenkung andererseits. Im Spannungsfeld zwischen diesen beiden Prinzipien ist allerdings in der Praxis meist Spielraum für Individuallösungen, die genau auf die jeweilige Unternehmenssituation zugeschnitten wurden. Sobald nicht der gesamte Unternehmenswert veräußert wird, sprechen Steuerrechtler von einer teilunentgeltlichen Übertragung. Es liegt auf der Hand, dass es hier – insbesondere für die Vielzahl an Zwischenlösungen – keine Standardlösungen gibt. Und – schon im Interesse des Unternehmens – möglichst auch nicht geben sollte. Getreu dem juristischen Grundsatz „Vom Allgemeinen zum Speziellen“ wollen wir uns hier zuerst mit dem sicher häufiger anzutreffenden Weg der Unternehmensnachfolge über eine Veräußerung widmen.

Unternehmensnachfolge I – Die Veräußerung

Die entgeltliche Veräußerung eines Betriebes, eines Unternehmens oder einer Werkstatt ist aktuell der am häufigste gewählte Weg für eine geregelte Unternehmensnachfolge. Die eigentliche Veräußerung zählt dabei als letzte geschäftliche Handlung des betreffenden Unternehmens, der Veräußerungsgewinn ist also sowohl für die Bilanz des Unternehmens relevant als auch natürlich in steuerlicher Hinsicht für den Veräußernden. Der Veräußernde kann dabei zum Beispiel ein einzelner Eigentümer oder eine Gemeinschaft von Unternehmenseignern sein. Auch ein Tausch von Unternehmensanteilen oder ganzen Unternehmen fällt übrigens unter den Überbegriff „Veräußerung“ und wird auch steuerrechtlich vergleichbar behandelt. Da der durch die Unternehmensnachfolge erzielte Veräußerungsgewinn in aller Regel von erheblicher Höhe ist, hat der Gesetzgeber in den Paragraphen 16 und 34 des Einkommenssteuergesetzes Sonderregelungen für besondere steuerliche Härten vorgesehen. Die Rechtsgrundlage für diese steuerlichen Sonderregelungen findet sich in § 16 Absatz 4 EStG und in § 34 EStG. § 16 EStG regelt dabei die Höhe der Freibeträge und § 34 legt die Kriterien für die Anwendung von ermäßigten Steuersätzen bei der Unternehmensnachfolge fest. Darüber hinaus ist es für Unternehmer sicher interessant zu wissen, dass Veräußerungsgewinne bei der Unternehmensnachfolge regelmäßig nicht der Gewerbesteuer unterliegen.

Theorie und Praxis in der Unternehmensnachfolge – entscheidend ist die vollständige Veräußerung

Warum wird also die Unternehmensnachfolge durch Veräußerung – wie bereits angesprochen – aktuell so kontrovers diskutiert? Die Antwort auf diese wichtige Frage ist schnell gefunden: Alle angesprochenen Steuervergünstigungen werden dem Unternehmer aktuell nur dann gewährt, wenn er eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllt, die in der heutigen Praxis von den Finanzbehörden allerdings eher sehr restriktiv gehandhabt werden. Viele dieser Voraussetzungen decken sich allerdings nur in seltenen Ausnahmefällen mit den Zukunftsvorstellungen der scheidenden Unternehmer. Da eine der wichtigsten Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung die vollständige Veräußerung des Betriebes ist, wirft dieser Punkt in der Regel zahlreiche praktische Probleme auf, denn die Vorbesitzer möchten in vielen Fällen das Betriebsgrundstück ja weiterhin behalten. Dieses ist aber in steuerrechtlicher Hinsicht so gut wie immer eine wesentliche – in vielen Fällen sogar die wichtigste – Betriebsgrundlage und muss darüber hinaus dementsprechend mit veräußert werden. Um diese entscheidende Hürde auf dem Weg zur steuerlich begünstigten Unternehmensnachfolge nehmen zu können, ist in der Praxis eine frühzeitige Vorbereitung der Veräußerung hier explizit empfehlenswert. In Anbetracht der Komplexität und Vielschichtigkeit der Thematik ist es hier sicherlich empfehlenswert sowohl einen spezialisierten Rechtsanwalt als auch einen Steuerexperten hinzuzuziehen. Ein interessanter Sonderfall ist übrigens die Veräußerung, bei welcher der Unternehmenswert in Gestalt einer so genannten Leibrente an den ehemaligen Besitzer ausgezahlt wird. Durch die Ausschüttung des Veräußerungsgewinns als Leibrente bekommt der Unternehmer ein steuerliches Wahlrecht zugesprochen. Er kann dabei zwischen einer späteren Besteuerung der Betriebseinnahmen oder alternativ auch einer herkömmlichen, sofortigen Besteuerung des gesamten Veräußerungsgewinns wählen.

 

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